Die Wurzeln unserer schwäbisch-alemannischen Fasnet reichen bis in die vorchristliche Zeit zurück. Das Brauchtum der Fasnet hat wenig mit dem rheinischen Karneval gemein und ist aus unserer Heimat nicht wegzudenken. Somit hat unser Jahr schließlich fünf anstatt nur vier Jahreszeiten…
Die frühesten Dokumente Kißlegger Fasnet stammen aus dem 16. Jahrhundert. Im Archiv Waldburg-Zeil wird um 1600 von einem Hudelmannsgesinde in der Herrschaft Kißlegg gesprochen. Das Wort Gesinde deutet darauf hin, dass es wohl die Dienstboten der Herrschaft waren, die hier zur Fasnachtszeit ihr Unwesen getrieben haben. Wenn das Fasnachtstreiben zu ausgiebig gefeiert wurde, wurden die Missetäter im 17. Jahrhundert mit der vierfachen Strafe belegt.
Die Waibel, (Nacht-) Wächter dieser Zeit, hatten laut herrschaftlichem Rezess vom 9. August 1698 Instruktion, das Hudelmannsgesinde in das Narrenhaus einzusperren.
Damals war unsere Fasnet noch nicht organisiert, es war loses, lustiges Treiben in den Straßen und Gassen. Leider existieren nicht viele Aufzeichnungen über dieses Treiben im 17. und 18. Jahrhundert. Erst mit Einführung der Wochenblätter im 19. Jahrhundert ist eine Nachforschung besser möglich. So heißt es z.B. im Argenboten des Oberamtsbezirkes Wangen in den Jahren 1842 und 1844:
Die Fasnet wurde damals mit hohem Aufwand und ohne Scheu vor Kosten und Mühe gefeiert. Umzüge und die Fasnetsspiele unter freiem Himmel waren der Renner der damaligen hohen Tage.
Direktor Karl Walchner schrieb im zweiten Band der "Alt-Wangener Erinnerungen", dass am Fasnachtsmontag, den 19.2.1844 auch in Kißlegg eine Maskerade mit dem Titel "Die sieben Schwaben am Spieße" zur Aufführung gekommen sei. Leider seien damals nur sechs Schwaben und ein Schweizer zugegen gewesen!
1875 entstand in Kißlegg der erste "Narrenverein", die "Gesellschaft Carneval" (siehe Plakat unten). Der Vorstand hieß Obernarr. Dieser Verein organisierte eine Weile Umzüge und Fasnetsspiele unter anderem das am 06.02.1875 aufgeführte Stück „Die Braut von Montebello“, das in fünf Akten unter der Linde beim Spital gegeben wurde.
Die Fasnetsspiele sind wohl gut besucht gewesen, da es sich der Verein leisten konnte, die Einnahmen aus dem Jahr 1878 der Kißlegger Dienstbotenkranken- und Armenkasse zu spenden und 1880 der freiwilligen Feuerwehr eine neue Fahne zu finanzieren, die übrigens noch heute getragen wird.
1881 waren die Kißlegger schon überregional aktiv, so wurde am Fasnachtsdienstag das Nachfest gehalten, an dem die Kißlegger mit Musik und Eisenbahn nach Wangen fuhren, um die dortige Gesellschaft Fidelio zu besuchen. Sie haben es recht bunt getrieben, denn ein Chronist vermerkte, dass sie ihren "Humor in mannigfacher Weise zur Geltung brachten bis die Stunde zur Abfahrt des Zuges gekommen war".
1899 wurde das größte uns bekannte Fasnetsspiel abgehalten, hierfür wurden zwei Freilichtbühnen nebst Zuschauertribünen errichtet und nur für die Miete der Kostüme 1.000 Goldmark ausgegeben (zu damaliger Zeit!!!).
Die letzte Fasnet vor dem 1. Weltkrieg war 1904, von der sich noch ein Foto im Besitz der Kißlegger Zunft befindet!
In der Zeit nach dem Krieg wurde immer wieder versucht, eine organisierte Fasnet auf die Beine zu stellen. Es wurden Narrenblättle mit Namen wie „Obersee-Zellersee-Spiegel“ oder „Kißlegger Narrenmond“ veröffentlicht, Kinderumzüge für die kleinen Mäschgerle und Fasnetsbutzen abgehalten, ein Elferrat wurde ins Leben gerufen, welcher aber bald wieder verschwand.
Am 13. Mai 1966 wurde es dann endlich ernst, die Gründungsversammlung der Kißlegger Hudelmale e.V. wurde ins Gasthaus zur Hirschpost (heute Pizzeria Pinoccio) einberufen. 72 Bürgerinnen und Bürger gründeten an diesem Tag unsere Narrenzunft„Kißlegger Hudelmale e.V“ mit dem Ziel, dem Kißlegger Fasnetstreiben neues Leben im Stile der schwäbisch-alemannischen Fasnet einzuhauchen. Die ersten beiden Häser waren der Schnarragagges und die Hudelmale.
Otto Hengeler (Ehrenzunftmeister und Gründungsmitglied - 1999 verstorben) erinnerte sich an den ersten Umzug in Tettnang, als einen Tag an dem es in Strömen goss. Von den nicht wasserfesten Zylindern der Zunfträte färbte eine gelbliche Brühe auf die Hemdkragen ab. Es war auch der Tag, von dem ab die Kißlegger Zunft bei den „Großen“ mitfeiern konnte.
In den Jahren 1968 und 1970 kamen zwei weitere Figuren zur Kißlegger Fasnet hinzu, der Grundholde und das Reitenderle.
Ein wichtiges Datum ist noch der 16. Januar 1971: An diesem Tag wurde die Kißlegger Narrenzunft in den erlauchten Kreis der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) aufgenommen.
Seit 1986 haben wir ein eigenes Zunftheim in Form unserer Narrenstube, die sich standesgemäß im “Neuen Schloss” befindet.
1988 fand die Einweihung unseres Narrenbrunnens vor der Sparkasse statt. Die Sparkasse selbst hat sich als Gönner unseres Vereins verpflichtet für ständig fließendes Nass zu sorgen.
Die Narrenzunft sorgt somit als gemeinnütziger Verein in Kißlegg für die Wiederbelebung und Erhaltung jahrhundertealter Bräuche und Sitten.
Seit 2000 ist auch unser Jungzunftrat in unserer Satzung verankert. Der Jungzunftrat ist eine Gruppe von jungen Mitgliedern, die vom Zunftrat zur Mitarbeit bestellt werden.
Unsere Zunft hat derzeit ca. 300 aktive Maskenträger, 150 passive Mitglieder und 120 Kleinhudler (Narrensamen).